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Die Entwicklung der Zahnmedizin - speziell der Bereich der Parodontologie - schreitet schnell voran. Unsere Redaktion sichtet die Vielzahl an Informationen und stellt hier für Sie Interessantes und Neues zum Thema zusammen:
Die Zunahme der Publikationen über periimplantäre Infektionen (zum Beispiel 69 zitierte Beiträge in [1] und 293 in [2]) lässt erkennen, dass die mit dieser oralen Erkrankung verbundenen Aspekte eine überaus vielschichtige Klärung der Probleme verlangen. Wenn in einem ausführlichen Beitrag von N. U. Zitzmann et al. [1] die Frage gestellt wird, ob es sich bei der Periimplantitis um eine seltene Erkrankung oder ein tickende Zeitbombe handele, kann allein schon vor dem Hintergrund der starken Verbreitung von Parodontitiden und dem damit verbundenen Periimplantitisrisiko sowie der oft verzögerten Manifestation dieser Erkrankung von einer solchen Zeitbombe die Rede sein und einer Eskalation auf jeden Fall vorzubeugen.
Die folgende Literaturauslese von Dr. Karlheinz Kimmel [1 bis 15] vermittelt einen konzentrierten Überblick über die Erfordernisse, Möglichkeiten und Grenzen der Prävention, Diagnostik und Therapie.
Verschiedene Definitionen
Auch hier spielt das Risikomanagement eine zentrale Rolle, was sowohl für den implantierenden Zahnarzt, Oral- oder MKG-Chirurgen als auch für den „Hauszahnarzt“ des jeweiligen Patienten gilt. Es ist immer wieder der Profession bewusst zu machen, dass die Versorgung mit Implantaten als eine Gemeinschaftsaufgabe aufzufassen ist [4].
Periimplantäre Mucositis und Periimplantitis
Die von Albrektsson 1994 publizierte Definition [5] der periimplantären Infektionen unterscheidet:
• Die periimplantäre Mucositis ist eine Entzündung der Weichgewebe um ein osseointegriertes Implantat, jedoch ohne Knochenverlust. Klinisch zeichnet sie sich durch das Vorhandensein von Plaque und Bluten auf Sondieren aus.
• Die Periimplantitis ist eine Entzündung und Zerstörung der Hart- und Weichgewebe um ein osseointegriertes Implantat. Klinisch zeichnet sie sich durch das Vorhandensein von Plaque und Bluten auf Sondieren, eine Taschentiefe von 4 Millimeter (mm) und eventuellen Austritt von Pus aus. Radiologisch besteht meist ein kraterförmiger Knochenabbau um das Implantat.
Diese Beschreibung wurde vom Europäischen Konsensus Meeting 2002 übernommen [6], während bei der 3. Europäischen Konsensuskonferenz von BDIZ EDI und EADI 2008 auch die Risikofaktoren in die Definition einbezogen wurden [7]:
Eine Periimplantitis ist die entzündliche, pathologische Veränderung am periimplantären Weich- und/oder Hartgewebe eines osseointegrierten Implantats.
Dabei sind pathogenetisch drei Formen zu unterscheiden:
• Mucositis als erste Stufe, die zu Hyperplasie und Tascheninfektion fuhren kann;
• Knochenverlust, der zur Deintegration des Implantats führen kann;
• apikale Entzündung wie beim apikalem Granulom.
Das mikrobiologische Milieu um ein Implantat mit Anzeichen von Periimplantitis ist mit den Parodontopathien vergleichbar. Die allgemeinen Risikofaktoren für das Ausbilden einer Periimplantitis sind:
• Verhaltensweisen (insbesondere Bruxismus und Nikotinkonsum),
• Anfälligkeit für Parodontitis,
• genetische Disposition in Verbindung mit Nikotinkonsum,
• Allgemeinerkrankung (zum Beispiel Diabetes mellitus, Bisphosphonat-Therapie, Osteoporose, Immunsuppression, Bestrahlung).
Ursachen ein multikausaler Komplex
Mit der kontinuierlich rasant wachsenden Zahl implantierender Zahnärzte und inserierter Implantate – wobei auch die Zunahme der Indikationen und damit auch der Risiken eine Rolle spielt – ist auch die Komplexität der Ursachen für periimplantäre Infektionen in verschiedene Richtungen gesteigert worden, woraus sich je nach individueller Lage – der folgende Positiv- oder auch Negativkatalog ergibt [1 bis 3, 5 bis 15]:
• Mundhygieneniveau,
• genetische Veranlagung,
• frühere Parodontopathien, aktuelle parodontale Befunde,
• biologischer Zustand des Knochenangebots,
• Befunderhebung, Diagnostik, Planung,
• Implantatdesign,
• Implantatoberfläche,
• OP-Technik,
• Hygienische Infrastruktur,
• Art und Umfang der Suprakonstruktionen (Prothetik),
• Zeitpunkt der Belastung nach Insertion,
• Okklusion und Artikulation,
• Nikotinabusus,
• Patientencompliance (zum Beispiel Termineinhaltung bei der unmittelbaren und längerfristigen Nachsorge),
• Infektionen und andere Erkrankungen ohne unmittelbaren Zusammenhang mit Implantation.
Erst langsam, dann schnell …
Wenn sich auch häufig die Periimplantitis erst nach Überschreiten der Fünfjahreskontrolle manifestiert, kann der erst sehr langsam verlaufende Entzündungsprozess durch die fehlende Faservernetzung im Weichgewebe dann jedoch sehr rasch verlaufen [1]. Die bakterielle Plaque muss dann schnell und gründlich bekämpft werden, um Implantatverluste zu vermeiden. Eine radiologische Abklärung ist indiziert, die über eine mögliche Progression des Knochenverlusts informiert.
Periimplantäres Infektionsmanagement
Wenn auch die die heute vorherrschenden Implantatoberflächen die Osseointegration weitgehend sichern und damit das Risiko eines Misserfolgs im Vergleich zu den Anfangsjahren der modernen Implantologie mindern, hat sich jedoch – so Neugebauer et al. [9] – die lmplantattherapie deutlich komplexer entwickelt. Zahlreiche Risikopatienten, bei denen früher eine absolute Kontraindikation diagnostiziert wurde, werden mehr und mehr mit Implantaten versorgt. Auch wegen der zunehmenden Morbidität solcher Patienten nimmt das Risiko in puncto Komplikationen deutlich zu. Hauptsächlich sind Infektionen, die bereits vor der Implantationen vorlagen, die sich direkt postoperativ auswirken oder bei der Freilegung und letztlich im Langzeit-Recall zu verzeichnen sind. Insbesondere vor einer Sofortimplantation ist die vorliegende chronische apikale Beherdung gründlich zu therapieren, womit die Erfolgswahrscheinlichkeit vor allem bei dieser kritischen Indikationsstellung steigt.
Möglichkeiten und Grenzen der PI-Therapie
Um die Möglichkeiten und Grenzen der PI-Therapie auszuloten, haben C. Bories et al. [2] sechs nicht-chirurgische und sieben chirurgische Therapieprotokolle in puncto Arbeitsmittel- und Medikamenteneinsatz analysiert und dabei auch die Schlussfolgerung eines weiteren europäischen Konsensus 2008 [10] berücksichtigt, dass die nicht-chirurgische ursachenbezogene Behandlung für die Heilung der periimplantären Mucositis ausreichend ist, während man bei der Periimplantitis ohne chirurgische Maßnahmen nicht auskommt.
Insgesamt wurden für die auch in der Allgemeinpraxis anzuwendende nichtchirurgische PI-Therapie die folgenden Verfahren beziehungsweise Produktanwendungen angegeben [1 bis 3, 6 bis 14]:
• Küretten aus Kunststoff, Keramik und Titan (kein Metall),
• Teflon-Arbeitsteile für Ultraschallgeräte,
• Airpolisher mit einem Perio-Pulver/Wasser/Druckluftgemisch,
• Vector-Ultraschallgerät (keine Arbeitsteile aus Metall),
• elastische Kelche mit Polierpaste,
• CO2-, Dioden- oder Er:YAG-Laser,
• Photodynamische Therapie (PDT),
• Chlorhexidin-Gel,
• Chlorhexidin-Lösung 0,2 Prozent
Unterschiedliche Studienergebnisse
Wie heterogen die Situation ist, zeigen vor allem die Publikationen, in denen über eigene und fremde Studien berichtet wird [1, 2]: Die unterschiedlichen Infektionsraten werden hier in Stichworten wiedergegeben:
• 216 Patienten und 987 Implantate: 73 Prozent mit periimplantäre Mucositis und 56 Prozent Periimplantitis (46 Prozent der Implantate) [11].
• 662 Patienten und 3.413 Implantate: 28 Prozent Periimplantitis (12 Prozent der Implantate) [12].
• 99 Patienten und 351 Implantate: 11,3 Prozent Periimplantitis mit Taschentiefe > 6 mm; 47,1 Prozent Taschentiefe > 4 mm [13].
• Bei mehr als 50 Probanden: Periimplantitis zwischen 28 Prozent und 56 Prozent [1].
(Artikel gekürzt)
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der DZW 38/11 auf Seite 9.