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Die Entwicklung der Zahnmedizin - speziell der Bereich der Parodontologie - schreitet schnell voran. Unsere Redaktion sichtet die Vielzahl an Informationen und stellt hier für Sie Interessantes und Neues zum Thema zusammen:
Eigentlich sehen die vertraglichen Vereinbarungen zur Europäischen Union ausdrücklich keine Harmonisierung der Gesundheitssysteme in Europa vor. Dennoch gibt es vonseiten der Europäischen Kommission und auch des Europaparlaments sowie über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs immer wieder Initiativen und Richtlinienvorhaben, die auf die Gesundheitssysteme zielen und mit anderen Rechtsgütern, wie Freizügigkeit von Dienstleistungen und Handelsbeschränkungen, begründet werden.
Aktuelle Vorhaben zu den Patientenrechten und zur Qualitätssicherung waren daher in diesem Jahr auch Thema des 5. Europatags der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) unter dem Motto „Gesundheitspolitik in Deutschland und Europa – auf dem Weg zum mündigen Patienten?“ am Mittwoch vergangener Woche in Berlin.
Moderiert von Udo van Kampen, Leiter des ZDF-Studios Brüssel, und der Fachjournalistin Petra Spielberg, diskutierten in zwei Runden Vertreter der Zahnärzteschaft mit Abgeordneten, Patientenvertretern und Wissenschaft. Im einführenden Fachreferat von Prof. Dr. Winfried Boecken, Konstanz, wurde rasch klar, dass diese komplexe Materie viele Fallstricke für Regelungen birgt, die direkte Auswirkungen auf die Berufsausübung der Ärzte und Zahnärzte in Deutschland haben können. Auch wenn es keinen Ansatz und keine Kompetenz der EU für Qualitätsstandards in der Gesundheitsversorgung gibt und deren Sinnhaftigkeit angesichts des damit verbundenen hohen Aufwands strittig ist, werden aktuell zwei Vorschläge zu Patientenrechten und Qualitätsstandards diskutiert, so in dieser Woche die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung.
Vieles, was nicht nur in Deutschland als europäischer Angriff auf die hohen Qualitätsstandards der medizinischen Versorgung und Drücken auf ein niedrigeres Niveau gesehen wird, ist aus der Perspektive anderer europäischer Staaten die Hoffnung auf eine qualitativ bessere Gesundheitsversorgung, wie auch Dr. Jorgo Chatzimakarkis, FDP-Abgeordneter im Europäischen Parlament, und Katja Neubauer, Generaldirektion Gesundheit der Europäischen Kommission, in ihren Statements deutlich machten. Chatzimakarkis machte sich für Mindeststandards stark. Neubauer für mehr Vernetzung und Austausch. Leitlinien auf europäischer Ebene seien wegen des damit verbundenen Aufwands ohnehin nicht machbar. Die Diskussionsteilnehmer waren sich darin einig, dass es sinnvoll sei, frühzeitig Kohärenz zwischen der nationalen und der europäischen Ebene herzustellen. So könnten auch nationale Lösungen aktiv in den europäischen Diskussionsprozess eingebracht werden.
Der auch auf europäischer Ebene viel beschworene „mündige Patient“ ist allerdings wohl vielfach ein Phantom. Auch wer der eigentliche Vertreter der Patienten ist – Vertreter von Patientenorganisationen oder die Ärzte und Zahnärzte, die im engen Vertrauensverhältnis mit ihren Patienten stehen – wurde kritisch diskutiert. Die drei zahnärztlichen Teilnehmer in den Diskussionrunden – der Österreicher Dr. Wolfgang Doneus als Präsident des Council of European Dentists sowie die Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer, Dr. Michael Frank und Dr. Dietmar Oesterreich, und Prof. Dr. Reiner Biffar, Universität Greifswald – holten die Diskussion hier immer wieder engagiert auf den Boden der täglichen Praxis und die tatsächlichen Bedürfnisse der Patienten und Zahnärzte zurück. Gerade vonseiten der deutschen und österreichischen Zahnärzteschaft gebe es eine Fülle von qualitativ guten Angeboten zur Patienteninformation und Vermittlung bei Problemen. Hier quasi von außen Qualitätsstandards zu setzen, säe Misstrauen in das für den Behandlungserfolg wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und berücksichtige nicht, dass der Patient durch sein Verhalten ganz entscheidenden Anteil am Erfolg der Behandlung habe.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass gerade die freiberuflich organisierten Zahnärzte in besonderem Maße in der Lage seien, den Erfordernissen von Patientenschutz sowie der Durchsetzung von Patientenrechten gerecht zu werden.
BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel machte deutlich, dass wohlverstandene Berufspolitik immer auch am Gemeinwohl ausgerichtet sein und vor allem den Patienten im Auge behalten müsse. „Wir müssen täglich um das Vertrauen der Patienten kämpfen. Wir wollen keine Misstrauenskultur, sondern eine Vertrauenskultur im Sinne des Patienten. Das ist wirklicher Patientenschutz“, so sein Fazit.
Quelle: DZW 23/10 (Artikel gekürzt) www.dze.de