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Die Entwicklung der Zahnmedizin - speziell der Bereich der Parodontologie - schreitet schnell voran. Unsere Redaktion sichtet die Vielzahl an Informationen und stellt hier für Sie Interessantes und Neues zum Thema zusammen:
Auf deutliche und stabile Erfolge im Kariesrückgang in den vergangenen 20 Jahren nach Einführung der vom Gesetzgeber geforderten zahnmedizinischen Prophylaxemaßnahmen für Kinder und Jugendliche weist die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. (DAJ), Bonn, im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung und einer Rückschau auf 60 Jahre Prophylaxe hin. Trotz beeindruckender Bilanz stellt sie sich neuen Herausforderungen.
Eigentlich beginnt die Geschichte der DAJ bereits Mitte des 19. Jahrhunderts: Die erste Gesetzgebung zur Schulzahnpflege erfolgte 1898 durch das preußische Kultusministerium. Im Oktober 1902 wurde dann in Straßburg die weltweit erste Schulzahnklinik eröffnet. Die Schaffung des „Deutschen Zentralkomitees für Zahnpflege in Schulen“ durch die Spitzenverbände der Renten- und Krankenversicherungsträger, die Vertreter der Gebietskörperschaften, der Zahnärzte und Dentisten im Jahre 1909 war die eigentliche Geburtsstunde der heutigen Arbeitsgemeinschaft.
Mit diesem Zentralkomitee setzte eine rasche Entwicklung der Gründung von Schulzahnpflegestellen ein, und bis 1914 stand Deutschland auf diesem Gebiet sozial-hygienischer Vorsorge an der Spitze aller Kulturstaaten. Nach schweren Einbrüchen in den Zeiten der Weltkriege und dazwischen wurde am 8. Juli 1949 schließlich die neue Arbeitsgemeinschaft gegründet (damals „Deutscher Ausschuss für Jugendzahnpflege“), die nun auf ein 60-jähriges Bestehen zurückblickt. In der Folge entstanden Strukturen, Programme und viel Engagement in Sachen Kinder- und Jugendzahnpflege.
Gruppenprophylaxe heute
Die heutige Gruppenprophylaxe basiert auf der Regelung durch den Paragrafen 21 Sozialgesetzbuch V von 1989 (Verhütung von Zahnerkrankungen – Gruppenprophylaxe). Dort wurde erstmalig verbindlich festgelegt, dass Krankenkassen, Zahnärzte und die für die Zahngesundheitspflege zuständigen Stellen gemeinsame und einheitliche Maßnahmen zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankungen ihrer versicherten Kinder und Jugendlichen durchzuführen haben.
Das Gesetz bietet eine gemeinsame Basis für die Kooperation der genannten Partner, gibt aber auch Spielraum für landesspezifische Regelungen. Die regionalen und landesspezifischen Besonderheiten zeigen die Pluralität, von der die Prophylaxe lebt.
Die Gruppenprophylaxe ist eine Maßnahme, die Kinder und Jugendliche in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld erreicht (Setting-Ansatz). Dies stellt auch die Kernstrategie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen der Gesundheitsförderung dar.
Einsatzbereitschaft und Erfolge
Die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe hat in Deutschland im Jahr 2008 allein in Kindergärten eine Flächendeckung von 70 Prozent, in Grundschulen von 73 Prozent und in Förderschulen von 49 Prozent erreicht. Sie ist als zugehendes Betreuungsangebot für alle Bevölkerungsschichten zugänglich und damit auch zum Beispiel für sozioökonomisch und/ oder psychosozial Benachteiligte, die ansonsten ein geringeres Inanspruchnahmeverhalten für andere Gesundheitsangebote zeigen. Damit setzt die Gruppenprophylaxe auf Chancengleichheit bei den Vorsorgeangeboten.
Durchgeführt werden die Maßnahmen in Landes- und regionalen Arbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege von rund 14.000 Fachleuten, den Zahnärzten und Prophylaxeassistentinnen, in Kooperation mit Erziehern und Lehrern. Zur Finanzierung der Gruppenprophylaxe steuerten die gesetzlichen Krankenkassen 2008 insgesamt über 41 Millionen Euro bei. Hinzu kommen weitere Aufwendungen seitens der Zahnärzteschaft und der Kommunen.
Trotz beeindruckender Zahlen gibt es noch keine vollständige Flächendeckung. Wesentliche Ursachen sind mangelnde Kapazitäten und die Freiwilligkeit der Annahme von Prophylaxeangeboten in Kindergärten und Schulen. Die Gruppenprophylaxe als Erfolgsgeschichte zeigt bei den Zwölfjährigen bundesweit eine Verringerung des mittleren DMF-T-Wertes (Index für die Summe der kariösen, fehlenden und extrahierten Zähne) von 2,44 im Jahr 1994 auf 0,98 im Jahr 2004. Dies entspricht einem Rückgang von 59 Prozent. Der Rückgang ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass der Wert 1983 noch bei 6,8 lag.
Im Milchgebiss zeigt die Kariesprävalenz bei den Schulanfängern (Epidemiologische Begleituntersuchungen 2004, DAJ) einen moderaten Rückgang von 25 Prozent in demselben Zehn-Jahresraum (dmf-t-Index fiel von 2,89 auf 2,16). Die Zahlen belegen, dass im Milchgebiss noch Spielraum für Verbesserungen besteht. Kariesfrei waren 2004 bereits 50 Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen, 60 Prozent der Zwölfjährigen und 37 Prozent der 15-Jährigen (2004: erster Erhebungszeitpunkt).
Zukünftige Herausforderungen
Viel ist bereits erreicht worden, dennoch bleiben durch veränderte Bedingungen eine Reihe von Problemfeldern und Fragen: Wie kann die Polarisierung der Karies, bei der wenige Kinder ein hohes Kariesvorkommen auf sich vereinen, wie die Nuckelflaschenkaries und die frühkindliche Karies, zurückgedrängt werden? Wie können Schäden durch Modetrends, zum Beispiel säurehaltige Getränke, Zungen-/Lippenpiercings, bei den Zielgruppen bewusst gemacht werden, sodass eine Verhaltensänderung herbeigeführt werden kann? Zukünftig sind hier nicht nur die „Zahnspezialisten“ gefragt, sondern es geht auch um eine ideenreich gestaltete weitergehende Vernetzung mit anderen Fachgruppen.
Dr. Christiane Goepel, Geschäftsführerin, DAJ e.V., Bonn Quelle: www.dzw.de